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Jetzt ist Zeit zum Handeln!

In Strassburg stiessen die Klimaseniorinnen auf ihren Erfolg an. Foto Miriam Künzli / Greenpeace. Die Enttäuschung war gross, als im Juni nach dem Ständert auch der Nationalrat gegen das Klima-Urteil aus Strassburg protestierte.
In Strassburg stiessen die Klimaseniorinnen auf ihren Erfolg an. Foto Miriam Künzli / Greenpeace. Die Enttäuschung war gross, als im Juni nach dem Ständert auch der Nationalrat gegen das Klima-Urteil aus Strassburg protestierte.

Text: Heidi Witzig

Am 9. April hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte EGMR in Strassburg die Klage der Klimaseniorinnen Schweiz gutgeheissen. Dieses Leiturteil betrifft nicht nur die Schweiz, sondern alle 46 Vertragsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention. Klar, dass damit weltweit Diskussionen ausgelöst wurden.

(Fortsetzung)

Die Anstrengungen der Schweiz zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad seien zu gering, begründete der EGMR sein Urteil. Gefordert sei nicht einfach die Formulierung langfristiger Ziele, sondern auch die Erarbeitung und Umsetzung konkreter Massnahmen: ein konkreter Absenkpfad und ein CO2-Budget, das klar ausweise, wieviel Treibhausgase die Schweiz insgesamt noch ausstossen könne, und zwar im Verhältnis zum global verbleibenden Budget. Nur so könne die Pflicht eines Staates, die menschliche Gesundheit zu schützen, eingelöst werden.

Für uns ist in erster Linie die Reaktion der Bundesbehörden wichtig. Die bürgerliche Mehrheit des National- und Ständerats gibt sich entrüstet: das Urteil sei «inakzeptabel». Der zuständige Bundesrat solle in Strassburg mitteilen, dass die Schweiz dem Klima-Entscheid keine weitere Folge leisten werde. Die Schweizer Klimapolitik erfülle die Anforderungen des Klimaurteils schon jetzt, und zudem habe das Gericht seine Kompetenzen überschritten und gegen die Gewaltentrennung verstossen. Der Ball liegt jetzt beim Bundesrat – er allein hat die Verantwortung.

Der Bundesrat muss dem Ministerkomitee des Europarats, das die Umsetzung der Strassburger Urteile überwacht, innerhalb eines halben Jahres einen Aktionsplan vorlegen. Auch wenn diese Frist verlängert werden kann – der Bundesrat kommt nicht darum herum, konkrete Ziele und Fristen zu formulieren.

Die kommenden Monate – oder auch Jahre – sind also von grösster Brisanz. Die Klimaseniorinnen reden von einem «historischen Moment». Sie haben einen Prozess angestossen, der uns fundamental beschäftigen wird. Welche Schweiz wollen wir: einen Staat, der sich windet und wehrt gegen Klimaziele, die für das Weiterleben nächster Generationen auf der Welt zentral sind? Oder stehen wir ein für einen Staat, der die Rechte seiner Bürgerinnen und Bürger garantiert und einsteht für Klimaschutzmassnahmen, die auch global fair sind? Jetzt liegt es an uns, nicht nur am Bundesrat: Die Klimaseniorinnen sind ja nicht allein – die verschiedensten zivilen Bewegungen für den Schutz von Natur, Umwelt und Bevölkerung werden sich hoffentlich laut und politisch wirksam für ihre Ziele einsetzen.

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