Liebe Leserin, lieber Leser
Als zweitletztes Land in Europa hat die Schweiz das Stimm- und Wahlrecht für Frauen 1971 auf nationaler Ebene eingeführt. Warum so spät? Es hat unter anderem mit den tief verankerten traditionellen Rollenbildern zu tun. Darauf gründet auch die ungleiche Verteilung der lebensnotwendigen Care- resp. Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern. Die Bedeutung der Pflegearbeit für den einzelnen Menschen und für die Gesellschaft wurde während der Pandemie einmal mehr betont. Und doch finden die Anliegen der Pflegefachpersonen in der Politik wenig Gehör. Regelmässig führt auch die unbezahlte Sorgearbeit in der Familie für kranke, betagte oder behinderte Angehörige, meistens von Frauen geleistet, für öffentliche Diskussionen. Doch wird diese unverzichtbare Arbeit im Betrag von Milliarden im Bruttosozialprodukt unseres Landes nicht aufgeführt.
Die Texte in diesem Newsletter beleuchten Hintergründe und Zusammenhänge und zeigen, was im Hinblick auf die unbefriedigende Situation zu tun ist.
Die Sorge für die Natur und für andere Menschen ist der im Porträt beschriebenen Magdalen Baumann ein zentrales Anliegen. Als Powerfrau mit grossem Herzen hielt sie ihr Haus offen auch für andere, unter anderem für Menschen mit einer Beeinträchtigung und für Pflegekinder. Doch war es ihr wichtig, neben ihren Aufgaben als Bäuerin, Hausfrau und Mutter auch ihren Beruf auszuüben.
Die Historikerin Heidi Witzig zeigt auf, wie mit der Trennung der Lebenswelten von Frauen und Männern zurzeit der Industrialisierung den Geschlechtern neben spezifischen Aufgaben von Gesellschaft und Kirche auch dazu passende Charaktereigenschaften zugewiesen wurden. Für die Frauen bedeutete dies, dass sie die gesellschaftliche und psychische Disposition zum Dienen gelernt und oft verinnerlicht haben. Noch heute wird die unbezahlte Sorgearbeit oft als Dienst aus Liebe bezeichnet, und Frauenberufe werden schlechter bezahlt als Männerberufe.
Die Theologin und Philosophin Ina Praetorius fordert ein anderes Verständnis von Ökonomie und einen notwendigen Perspektivenwechsel, ist sie doch überzeugt: Wirtschaft ist Care. Nicht mehr das Geld und die profitgetriebene Produktion überflüssiger oder gar schädlicher Güter soll die Mitte des Ganzen bilden, sondern «das Leben und seine Erhaltung, das Sorgen für die Welt, der Einsatz für einen kulturellen Wandel».
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Das Frauenweis(s)heiten-Team
Kontakt
Monika Fischer
fischerabt@bluewin.ch
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