Text:Barbara Bischoff
Endlich Frühling
Mit den Frühlingsferien begann meistens die Zeit der langersehnten Kniesocken. Zuerst konsultierte der Vater den Berg ennet dem See. Wenn dort der Schnee geschmolzen war, durften wir die wollenen Strumpfhosen gegen die Kniesocken eintauschen.
(Fortsetzung)
Nun gab es keine Löcher mehr in der Strumpfhose, was für die Mutter viel Stopfarbeit bedeutete, sondern «nur noch» Schrammen am Knie, welche mit einem Pflästerli geheilt werden konnten. Aber dazu gab es noch fast knielange wollene Unterhosen. Diese nahmen wir aber in Kauf.
Unsere Spiele fanden vor allem draussen statt. An unserer Strasse wohnten viele Kinder, somit traf man sich einfach spontan auf der kaum befahrenen Strasse.
Wir besuchten unsere Gspänli selten in den Wohnungen. Warum weiss ich eigentlich nicht, aber wahrscheinlich genossen wir draussen die Freiheit, da wir unbeaufsichtigt spielen konnten. In meiner Erinnerung begannen die Spiele draussen mit den Frühlingsferien. Nach dem Winter mit dem Schlitteln gab es wieder die Möglichkeit, die Frühlingsspiele zu aktivieren.
Eine Vielzahl an Spielen
Beliebte Spiele waren Chügele, Ballspiele, Versteckis mit Schiitlitupf, Räuber und Poli sowie Seilhüpfen. Das dazu nötige lange Seil bekamen wir meistens von unserer Mutter, die uns ein genügend grosses Stück von ihrem Wäscheseil abschnitt. Das «Seiligumpen» wurde nach klaren Regeln gespielt, war aber etwas, das meistens nur wir Mädchen machten. Beliebt war das Chügele. Da unsere Strasse aus Bsetzisteinen war, funktionierte das Chügele prima. Meistens konnten wir auch einen kaputten Bsetzistein als Loch benutzen. Stundenlang wurde gespielt, verloren oder gewonnen. Wir waren auch sehr stolz auf unsere Chügeli. Teils Glaskugeln in verschiedenen Grössen und auch kleinere Chügeli, die natürlich auch im Spiel weniger Punkte brachten. Denn auch dieses Spiel hatte klare Regeln.
Für Räuber und Poli konnten wir in der ganzen Altstadt auf «Jagd» gehen oder im kleinen Wäldchen beim See «jagen». Das Seeufer war für uns Kinder Tabu, was wir auch meistens akzeptierten.
Hatten wir Hunger, warf uns unsere Mutter Brot in einem Sack zum Fenster raus, damit wir nicht vier Stockwerke hochsteigen mussten. War kein Brot mehr im Hause schickte sie uns zum Beck, um einen neuen Zweipfünder zu kaufen, von dem uns der Beck direkt ein Stück abschnitt, damit wir auf dem dreiminütigen Heimweg nicht verhungerten.
Am Sonntagabend spielten wir vorwiegend Völkerball. Ich kann mich kaum an Streitereien bei all den Spielen erinnern. Die Älteren befahlen, was wir aber als korrekt empfanden. Normalerweise mussten wir nach Hause, wenn der Vater oder die Mutter uns rief. Jede Familie hatte ihr eigenes System, um die Kinder nach Hause zu holen. Einige Väter waren versiert im laut Pfeifen, jeder in einer anderen Tonhöhe, so wussten die Betroffenen sofort, wer gemeint war. Wiederum andere Kinder mussten nach Hause wenn der Rosenkranzgottesdienst zu Ende war. Normalerweise waren es aber die Kirchenglocken, die den «englischen Gruss» einläuteten und uns ankündeten, dass nun Nachtessenszeit sei.
In meiner verklärten Erinnerung war es auch meistens schönes Wetter.
An einem dieser Sonntage gab es eine grosse Überraschung: Meine Eltern erklärten, dass heute Nachmittag alle vier Nachbarskinder zu uns nach Hause kommen dürfen. Wir waren sehr überrascht und freuten uns, ohne zu fragen warum. Es war ein sehr schöner Spielnachmittag und wir durften immer drinnen bleiben. Einige Stunden später holte der strahlende Vater seine Kinder bei uns ab und sagte, dass sie noch ein Brüderchen bekommen hätten.
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