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Partnerschaft im Alter

Drei Frauen machen sich in «Was mich beschäftigt…» Gedanken über Veränderungen im Alter. Barbara Bischoff versteht nicht, wie man verwitwete Partnerinnen oder Partner nur noch als Anhängsel betrachten kann. Marianne Stohler hat gelernt, in der Partnerschaft verschiedene Sichtweisen als Bereicherung zu akzeptieren. Und Monika Fischer weiss, dass sie die Veränderungen im Alter akzeptieren kann, wie sie sind.

(Fortsetzung)

Akzeptieren, wie es ist
Monika Fischer

Als unsere Beziehung (er 36, alleinstehend, ich 44, geschieden, fünf Kinder) im Dorf bekannt wurde, meinte eine Bekannte zu meinem Partner: «Was willst du mit einer älteren Frau, dann musst du sie im Alter noch pflegen.»
«Und?», antwortete er, «meinst du, ich könnte das nicht!»
35 Jahre sind seither vergangen. Als ich vor kurzem im Spital war, fragte mich eine Pflegefachperson: «Ist ihr Mann auch noch so fit wie sie?» «Er kletterte gerade auf dem Pilatus herum, ist er doch acht Jahre jünger», meinte ich.

Immer wieder erfahre ich, wie unterschiedlich die Menschen sind und wie wir trotzdem oft in festgefahrenen Vorstellungen gefangen sind. So ist es auch mir ergangen. «Ich bin Arzt aus Berufung, eine Beziehung hat in meinem Alltag keinen Platz», hatte er mich gewarnt. Trotzdem ging ich die Beziehung und zehn Jahre später die Ehe mit ihm ein. Es war eine intensive, für mich aber auch schwierige Zeit. Das Leben, alle die Kontakte in der Hausarztpraxis faszinierten mich.
Im Notfall abends und am Wochenende nahm ich das Telefon ab und war für die ganze Administration besorgt, eine sinnvolle Tätigkeit. Da mein Mann voll in der Arbeit aufging, blieb mir neben der Familie der nötige Freiraum für meine Berufsarbeit und für die freiwilligen Engagements. Die wenige gemeinsame Zeit verbrachten wir bei Wanderungen, Konzertbesuchen, mit der Familie. Da die Pflege der Beziehung dabei zu kurz kam, fragte ich mich hie und da, ob es der richtige Entscheid war. Wenn mein Mann mich auf später vertröstete, konfrontierte ich ihn mit dem Gedanken: «Was man verpasst hat, kann man nicht nachholen.»

Eine neue Leichtigkeit in der Beziehung
Nach seiner Pensionierung vor gut fünf Jahren begann ein neues Leben. Wir beiden hatten bisher weitgehend ein eigenständiges Leben gelebt. Wie froh war ich, dass mein stets aktiver Partner durch die Quereinsteiger-Ausbildung in den Buchhandel und die freiwillige Mitarbeit in einem Buchkaffee eine neue befriedigende Beschäftigung fand und damit volles Verständnis auch für meine Arbeit hatte. Denn nach wie vor sass ich oft tagelang am Schreibtisch. Nach und nach lebte er sich auch in die Hausarbeiten ein. Bei Bedarf kocht, wäscht, bügelt, putzt er und besorgt die schweren Arbeiten im Garten. Wie seit jeher bin ich für die Finanzen und alles Administrative verantwortlich. Gemeinsam gehen wir unseren Interessen an der Natur, Literatur, an Reisen, Geschichte, Musik nach und pflegen unsere Grossfamilie. Endlich kann ich so leben, wie ich es mir vorgestellt hatte! Zudem kann ich manches, das mich früher geärgert hatte, heute akzeptieren, ja gar darüber lachen, weil ich es im Zusammenhang mit den Lebensumständen verstehen kann. Dadurch bekam unser Zusammenleben im Alter eine gewisse Leichtigkeit.

Keine Sorge auf Vorrat
Allerdings spüre ich mehr und mehr das Alter und mag nicht mehr so viel unternehmen, während er noch mit voller Kraft im Saft ist. Dann wurmt es mich manchmal, dass wir früher zu wenig gemeinsam unternommen haben. So erfasst mich eine leise Wehmut, wenn ich unsere Nachbarn nach ihrem über 60-jährigen gemeinsamen Leben Hand in Hand spazieren sehe. So hätte ich mir das Leben auch gewünscht! Da sind sie wieder, meine Vorstellungen und Erwartungen! Die negativen Gefühle verschwinden rasch im Gedanken an mein reiches und wechselvolles Leben mit Umwegen und Kreuzungen, und ich bin zufrieden und dankbar dafür, wie es ist.

Wie wird es weitergehen? Was wird noch auf uns zukommen? Wir kennen die Herausforderungen des Alters aus unseren beruflichen Erfahrungen sehr wohl. Was man ordnen und regeln kann, haben wir gemacht. Da wir beide Menschen sind, die sich nicht Sorgen auf Vorrat machen, nehmen vorweg, wie es ist und geniessen täglich unser nach wie vor aktives Leben, sei es gemäss den persönlichen Bedürfnissen oder gemeinsam.

Menschen nicht als Anhängsel sehen
Barbara Bischoff

Menschen, die in einer langjährigen Beziehung leben, werden im Alter zwangsläufig mit dem Verlust des Partners, der Partnerin konfrontiert. Sei es durch einen Todesfall oder auch durch eine Demenz oder körperliche Erkrankung. Mental kann man sich auf solche Verluste teilweise vorbereiten und sich bewusst sein, dass dies passieren wird. Trotzdem trifft es die überlebende bzw. gesunde Person hart.

Wir haben einige langjährige Freunde, welche wir immer wieder treffen. Wir gingen einen langen Weg miteinander, haben erlebt, wie die Kinder erwachsen wurden und sich vom Elternhaus lösten. Unsere Freundschaft blieb über die Jahre bestehen, und wir hatten wieder andere Themen die uns verbinden.

Wichtige Kontaktpflege mit Hinterbliebenen
In den letzten Jahren starben zwei unserer Freunde. Es war für uns selbstverständlich, den Kontakt mit deren Partnerin weiter zu pflegen. Sie war ja nicht nur als Frau von ... bei uns, sondern als eigenständige Person. Erstaunt waren wir über die Frage, ob wir sie wirklich auch alleine einladen möchten und ob wir sie auch besuchen würden. Diese weiteren Besuche waren sehr interessant und bereichernd. Es entstand eine ganz andere Dynamik.

Nicht nur als Anhängsel wahrnehmen

Es hat mich befremdet zu hören, dass durch den Tod des Partners sich einige der gemeinsamen Bekannten zurückgezogen hätten. Hat es damit zu tun, dass Menschen verunsichert sind, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten sollten? Als unsere Freundin uns als «Witwe» das erste Mal besuchte, sprach sie das Thema an, äusserte auch, wie ungewohnt es für sie sei, uns nun alleine zu besuchen. Durch diese Aussage löste sich eine mögliche (gegenseitige?) Verunsicherung. Ich bin mir sicher, dass die hinterbliebene Person sich neu orientieren muss und dazu auch Zeit braucht.

Mich beschäftigt die Aussage unserer Bekannten. Warum gibt es Menschen, welche nach einem Todesfall eine langjährige Freundschaft nicht weiter pflegen oder einfach ignorieren? Hat es damit zu tun, dass das Thema lieber verdrängt wird, um nicht mit solchen einschneidenden Änderungen konfrontiert zu werden? Geht uns das Thema Tod zu nahe?

Demenz ändert Freundschaften auf eine andere Art

Noch schwieriger ist es, wenn ein Partner dement wird und dadurch sehr viel Zuwendung braucht. Das kann natürlich dazu führen, dass das Bedürfnis nach Kontakt zu Freunden schwindet, weil die Belastung der Betreuung zu gross wird.

Ich hoffe sehr, dass ich oder mein Partner auch als einzelner Mensch als Ganzes angesehen werden, und nicht nur als «Anhängsel» von bis anhin gemeinsamen Freunden. Sicher ist es auch wichtig, schon während der Partnerschaft einen eigenen Freundeskreis zu pflegen. Freundinnen, mit denen ich Themen diskutiere, welche nicht nur die Partnerschaft oder das Familienleben betreffen.

Verschiedene Sichtweisen als Anerkennung gelten lassen
Marianne Stohler

Mein Mann und ich führten in zweiter Ehe ein jeweils sehr aktives Leben. Wir pflegten während Jahren eine Wochenendbeziehung, da ich im Beruf sehr stark in Basel engagiert und mein Partner als Unternehmensberater oft unterwegs war, also eher ein Nomadenleben führte.

Nach meiner Pensionierung beschlossen wir dann, ein engeres Zusammenleben zu probieren. Ich reiste zwar immer noch regelmässig für 1 1/2 Tage nach Basel, und mein Partner arbeitete bis 75 weiter. Wir merkten aber, dass das Zusammenleben uns forderte. Die Arbeitsteilung im Haus und im Haushalt war eher einfach, waren wir doch beide gewohnt, den Alltag alleine zu bewältigen. Durch die Aufteilung der Arbeit nach Fähigkeiten wurde sie uns beiden leichter.

Unterschiedliche Wahrnehmungen als Bereicherung sehen
Sehr unterschiedlich sind wir aber in der Wahrnehmung der Welt. Während sich mein Mann für jeden technischen und mechanischen Prozess interessiert und sich in der Welt der Computer-Netzwerke bewegte, interessierten mich vor allem Menschen, ihre Beweggründe, Probleme und die Art wie sie ihr Leben führen.

Oft stiessen wir dadurch zusammen. Ich fand, er sehe nur die Technik, aber nicht die Menschen dahinter. Er langweilte sich, während ich mich gerne bei spontanen Begegnungen länger mit den Leuten unterhielt.

Mit der Zeit lernten wir besser, die verschiedenen Sichtweisen als Bereicherung zu akzeptieren. Wir waren auch viel öfters zusammen als in den früheren Jahren und entdeckten dabei auch viel Gemeinsames. Kultur im weitesten Sinn, Theater, Kunstausstellungen, Konzerte etc. aber auch Bergwanderungen, Reisen und vieles mehr.

Ein Schicksal lehrt gegenseitige Verständnis
Vor einem Jahr erkrankte mein Mann schwer und ich war alleine zu Hause. Während er im Spital lag, erkannte ich, wie sehr ich mich in den vergangenen Jahren auf ihn gestützt hatte. Ich konnte ihm den grössten Teil der Finanzen überlassen. Er erledigte die schwersten Arbeiten im Haushalt, kümmerte sich um Reparaturen in der Wohnung und erledigte die Steuererklärung. Jetzt musste ich einiges selbst bewältigen, und bei Problemen mit dem Computer konnte er mir nun auch nicht mehr schnell zu Hilfe eilen.

Ich merkte, dass es mich sehr erleichterte, die Dinge, die ich immer sehr ungern tat, delegieren zu können, weil er in diesen Bereichen über viel mehr Kompetenzen verfügte als ich.
Als er sich erholt hatte, gab ich mir Mühe, viele Dinge wieder zu lernen, die ich ihm überlassen hatte.
Heute engagieren wir uns immer noch in unterschiedlichen Bereichen, aber wir sind auch oft zusammen unterwegs, versuchen das Anderssein des Partners positiv zu sehen und uns weniger daran zu reiben.

Wir geniessen die gemeinsame Zeit auch bewusster, lernen mehr Rücksicht zu nehmen auf all das was allenfalls durchs Alter schlechter wird - wie zum Beispiel das Gedächtnis und uns zu freuen über die gemeinsame Zeit, die uns noch bleibt, und die wir geniessen wollen.

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