Kennen Sie das wunderbare Gefühl, der Zeit dabei zusehen zu können, wie sie gemächlich vorüberzieht? Oder sind Sie – wie ich – eher damit vertraut, ihr hinterher zu hecheln? Wieso nur scheint die Zeit oft an allen Ecken und Enden zu fehlen, obwohl uns allen täglich 24 Stunden zur Verfügung stehen? Oder fliegt vorbei, wenn es am schönsten ist, und steht quasi still, wenn wir ungeduldig auf etwas warten?
Die innere Zeit gehorcht ihren eigenen, geheimnisvollen Gesetzen. Der Physiker und Wissenschaftsjournalist Stefan Klein vermittelt in seinem Buch* auf faszinierende Weise, was die Forschung bis heute darüber weiss. Wie zum Beispiel lässt sich unter engen Terminen die Ruhe bewahren? Stressfaktor Nummer eins ist überraschenderweise nicht die Menge der zu erledigenden Aufgaben, sondern das Gefühl, nicht selbst über seine Zeit bestimmen zu können. Denn Stress entsteht aus Verlust an Kontrolle.
Zeit kostet nicht nur die Tätigkeit, die wir gerade erledigen, sondern auch das, was wir an Unerledigtem im Kopf mit uns herumschleppen. Aufgabenlisten sind daher sinnvoll, denn sie entlasten das Arbeitsgedächnis, das extrem flüchtig und vor allem schnell voll ist. Wer aber versucht, die Liste sklavisch abzuarbeiten, möglichst noch in einem gesetzten Zeitrahmen, hat schon verloren. Denn niemals sind alle Situationen vorhersehbar, die eintreten können. Mit den Fragen „Muss ich das tun?“ und „Was geschieht, wenn ich es lasse?“ bekommt man in der Regel schnell Luft. Die Exekutivfunktion im Gehirn kann sich dann mit der Frage beschäftigen, was im Augenblick das Wichtigste ist, und diese Aufgabe ruhig und konzentriert angehen. Aufgaben und Termine könnte man also – wenn ich das so frei assoziieren darf - als Jonglierbälle sehen. Haben wir ein paar Bälle zuviel in der Luft, brauchen wir nur zu entscheiden, welche wir auffangen und welche wir eben fallenlassen und später wieder aufheben. So gewinnen wir blitzschnell die Oberhoheit über unsere Zeit zurück und entziehen uns dem Diktat von aussen.
Auch dass die Zeit im Alter immer schneller vergeht, wie viele beklagen, ist kein Naturgesetz. Indem wir die eigene Wahrnehmung und Aufmerksamkeit schulen, wandelt sich auch das innere, subjektive Empfinden der Zeit. Das Buch gibt auch dazu wertvolle Anregungen. Wie der Autor schreibt: „Glück kann man lernen. Für einen entspannten und bewussten Umgang mit der Zeit gilt das nicht minder.“
Er macht uns zudem mit konkreten Schritten vertraut, wie wir zu einer längst fälligen, neuen Kultur der Zeit finden können.
Vergessen wir das allgegenwärtige „Zeit ist Geld“. Nein, Zeit ist viel mehr als Geld. Sie ist der Stoff, aus dem unser Leben besteht.
© Lyn Fey, März 2015
* ZEIT, der Stoff, aus dem das Leben ist von Stefan Klein
http://www.fischerverlage.de
Ebenfalls von Stefan Klein: Die Glücksformel
http://www.fischerverlage.de
Wir verwenden Cookies und ähnliche Technologien, um das Nutzererlebnis auf unserer Website zu verbessern. Durch die weitere Nutzung dieser Website stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies und ähnlichen Technologien zu. Mehr erfahren