„Je älter desto besser“ – woran denken Sie, wenn Sie diese Worte lesen?
Ich dachte zuerst an Wein – obwohl beim Wein wohl Rebsorte und der Jahrgang mitentscheidend sind.
Nein, Überraschung! Es geht um nichts weniger als um die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung. Ich muss das Buch wohl nochmals lesen, denn weit und breit fand ich keinen Hinweis in Sachen Kreuzworträtsel oder Sudoku. Was mir nur recht sein kann, denn mein Verstand sträubt sich vehement schon beim kleinsten Gedanken in diese Richtung. So wie ein junger Hund der, wenn zum Abmarsch geblasen wird, rein gar nichts vom Spazierengehen hält. Meine Aversion gegen Denksport liess mich dennoch nicht ganz kalt: Werden uns älteren Menschen nicht ständig Kreuzworträtsel als Allheilmittel gegen den geistigen Abbau angepriesen?
Im Buch „Je älter desto besser“ unterbreitetuns ein Hirnforscher zehn überraschende Erkenntnisse. Die Wichtigste: Mit zunehmendem Alter arbeitet das Gehirn immer besser – sofern wir etwas dafür tun. Klar, die Jungen denken schneller – wir Alten jedoch gründlicher. Auch gelingt es im Alter eher, Kritik mit Erfahrung und Bedacht auszusprechen, und nebst den analytischen auch die emotionalen, intuitiven und kreativen Anteile in uns zu leben.
Die zehn Themenkreise zeigen uns, wie wir lebenslang die Lernfähigkeit erhalten, die Gegenwart entdecken, gründlich denken, unsere Erscheinung pflegen und die Lebenszeit erweitern können. Wir bekommen Anregungen, uns selbst (und unser Scheitern) zu akzeptieren, uns dem Staunen wieder zu öffnen, eigene Massstäbe zu setzen oder wie wir innerlich reifen, vielleicht weise werden und immer wieder Neues beginnen können. Diese Erkenntnisse ändern das bisherige Altersbild gewaltig und zeigen uns auch auf, wie unser Denk- und Wahrnehmungsvermögen und damit auch unser „Lebensradius“ konstant zu erweitern ist.
Von den vielen aufgeführten Tipps, scheint mir einer ganz zentral: „Nehmen Sie sich aus dem Fluss des Ewiggleichen heraus.“ Das „Ewiggleiche“ ist in der linken Gehirnhälfte angesiedelt, wo u.a. das Depot für komprimiertes Wissen liegt. Die rechte Hemisphäre ist die wagemutigere Gehirnhälfte. Als Entdeckerin des Unbekannten ist sie zuständig für die Verarbeitung von neuen Informationen und für Kreativität. Und diese Seite des Gehirn (bezogen auf Rechtshänder) altert schneller! (Martin Korte – Jung im Kopf **)
Erhalten wir uns also eine gesunde Neugierde, einen offenen Geist für Neues und wagen wir uns immer wieder an etwas heran, das uns noch unbekannt ist! Das Gehirn ist zum Glück viel mehr als eine Kombinationsmaschine, dank Kommunikation ermöglicht es uns auch den Brückenschlag zum Du. Gerade im Austausch mit Menschen, die uns nahe oder auch fernstehen, eröffnen sich neue Erfahrungsmöglichkeiten – und Herzensräume.
Auch wenn wir keine Berggipfel mehr erstürmen, bleibt mehr als genug zu tun um herauszufinden, was in uns selbst auch heute noch aktiv gefördert werden könnte und was es auszuschöpfen gilt ...
Lyn Fey
*Je älter desto besser – Prof. Dr. Ernst Pöppel – Hirnforscher / Dr. Beatrice Wagner - Medizinjournalistin. Überraschende Erkenntnisse aus der Hirnforschung - Gräfe und Unzer Verlag 2010
**Jung im Kopf – Prof. Dr. Martin Korte – DVA Verlag, 2012 – auch dieser Wissenschaftler räumt gründlich mit dem defizitären Altersbild auf.
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