„Woher kennt ihr beide Wilhelm Tell?“, fragte ich meine 6-jährigen Zwillingsenkelbuben an einem Betreuungsmittwoch erstaunt. „Vom Globibuch“, war die spontane Antwort.
„Wir möchten ein Kasperlitheater aufführen für unsere „Kindergartengspänli“, das war das Anliegen der beiden Buben. „Kannst du die Figuren zeichnen“, fragten die Beiden. Als Vorlage holten sie das Globibuch und zwei weitere Bilderbücher von Wilhelm Tell. Sie brachten Papier, Bleistift und Gummi, und ich machte mich an die Arbeit. Bei Wilhelm Tell seien der Bart und die Armbrust sehr wichtig; beim Walterli durfte der Apfel auf dem Kopf nicht fehlen. Dann musste ich den Gessler zeichnen, und der musste richtig grimmig aussehen. Als die Figuren ausgeschnitten auf dem Tisch lagen, war es Abend. Die Fortsetzung musste am nächsten Mittwochnachmittag stattfinden. Bis dann sollten die Jungs die gezeichneten Figuren bunt anmalen.
Sie waren am nächsten Mittwoch tatsächlich bemalt. „Der Gessler braucht ein Pferd, und den Hut auf der Stange solltest du auch noch zeichnen“, so tönte es, nachdem sie aus dem Kindergarten kamen. Die Nachmittagsbeschäftigung war klar strukturiert. Endlich lagen die bemalten Pferde und die Figuren auf dem Tisch. Mir war sofort klar, dass die Papierfiguren in den Kinderhänden schnell zerknittern würden. Also klebten wir Sirupröhrli hinter die Figuren, sodass diese in alle Richtungen bewegt werden konnten. Die beiden waren begeistert.
Am darauffolgenden Mittwoch besprachen wird das Bühnenbild fürs Kasperlitheater. Wir suchten eine Papierrolle, die wir über die Kinderwandtafel spannen konnten. So zeichnete ich vier Bilder: Tells Haus, Altdorf, den windgepeitschten Vierwaldstättersee mit Tellsplatte und natürlich die Hohle Gasse. Mit Eifer bemalten die Jungs die Zeichnungen mit Wasserfarben. An einem weiteren Mittwoch suchten wir zu dritt Bilder von Wilhelm Tell im Computer. Diese brauchten sie unbedingt für ein A4-Plakat, das die zwei an die Haustüre hängen wollten. Auch Eintrittsbillette gestalteten wir gemeinsam. Popcorn als Pausenverpflegung war ihre Idee und eigentlich die Hauptsache.
Nun standen die Sommerferien vor der Tür, und für die Vorführung fehlte die Zeit. Als Höhepunkt und zum Abschluss des Wilhelm Tell - Projektes fuhren wir in den Ferien mit dem Raddampfer von Luzern nach Flüelen und mit dem Bus nach Altdorf. Die Zwillinge waren mehr als entschädigt, als sie dort von meinen Bekannten eine Führung im Theater der Tellspiele Altdorf erhielten. Auch ohne abgehaltene Kindervorführung gab es am Ende des Projektes „Wilhelm Tell“ nur strahlende und zufriedene Gesichter.
© 2018 Margot Bryner
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