Kürzlich feierte ich mein zehnjähriges Grossmutter-Hüte-Jubiläum. Ganz für mich allein.
Ich dachte zurück an jenen Tag, als der älteste Sohn am Telefon
mitteilte: «Mami, du wirst Grossmutter.» Überrascht und hocherfreut
sagte ich spontan: «Wenn ihr’s braucht, schenke ich euch wöchentlich
einen Tag.»
Ob ich es wirklich ernst gemeint habe, fragte die Schwiegertochter nach einigen Monaten.
Ja,
wollte ich es wirklich? Ich war beruflich und mit freiwilligen
Engagements voll ausgelastet. Nachdenklich stimmten mich auch
Bemerkungen in meinem Umfeld: Das würde ich nie machen, die Jungen
sollen sich selber organisieren! Was machst du, wenn auch die anderen
Söhne und die Tochter Kinder bekommen?
Diskussionen in der Familie ergaben: Mach, was für dich stimmt!
Für mich war bald klar: Ich wollte an meinem Vorhaben festhalten und
den jungen Eltern ermöglichen, was mir verwehrt war: Die Vereinbarung
von Beruf und Familie. Auch freute ich mich auf die Begleitung bei der
Entwicklung meines Enkelkindes.
Die junge Familie nahm mein Angebot
allerdings nur unter der Bedingung an, dass ich rechtzeitig absage, wenn
mir ein Termin nicht passt oder alles zuviel wird.
Meinen Entscheid habe ich nie bereut. Für die Mühe, einen Tag wöchentlich freizuschaufeln, und hie und da auf etwas zu verzichten, wurde ich reich belohnt. Der Groma-Tag bremste mich mit meinen oft allzu vielen Aktivitäten aus und entschleunigte mein Leben. Ich genoss es, das Aufwachsen der ersten, der zweiten und der dritten Enkelin so nah miterleben zu dürfen. Sie beim Entdecken der Welt zu begleiten, unbeschwert mit ihnen zu spielen, zu singen, zu tanzen, ihre Freundinnen und die veränderte Schule kennen zu lernen, an der ersten Liebe teilzuhaben usw.. Einmal mehr wurde mir dabei bewusst, wie anspruchsvoll und anstrengend die wenig wertgeschätzte Betreuungsarbeit in der Familie sein kann.
Als später weitere Enkelkinder geboren wurden, fanden die Eltern andere Hütelösungen. Ich wurde für sie zu einer Art Notnagel fürs Hüten und pflege mit allen Enkelkindern eine gute Beziehung.
Irritiert stelle ich fest, dass heute die Grossmütter kritisiert werden, ob sie ihre Enkelkinder regelmässig hüten oder dies nicht tun wollen. - Ich will mich nicht unter Druck setzen lassen und tun, was für mich und meine Familie stimmt. So geniesse ich weiterhin mein vielfältiges Leben mit meinen Groma-Hütetagen.
© 2016 Monika Fischer
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