Die enorme Kraft der vereinten alten Frauen
Bericht Frühlingstagung vom 2/3 Mai 2024, Kappel am Albis
Text: Monika Fischer
Fotos: Alexandra Gisler
Die enorme Kraft der vereinten alten Frauen
Die Teilnehmerinnen befassten sich mit der Frage, wie sie die
marktzentrierte Wirtschaft so umgestalten können, dass die un- und
unterbezahlte Care-Arbeit mitgedacht und als Basis der Gesellschaft in
den Mittelpunkt gerückt wird. Das Referat der feministischen Theologin,
Ethikerin und Autorin Ina Praetorius löste angeregte Diskussionen aus. Neue Arbeitsgruppen werden sich weiter mit dem Thema beschäftigen.
Der grösste Wirtschaftssektor ist unsichtbar
Nach der Begrüssung durch die Tagungsleiterin Veronika Bossard, tauschten die Frauen in Flüstergruppen aus, was sie unter Care verstehen. Ina Praetorius, die sich seit Jahrzehnten intensiv mit Wirtschaft und Care beschäftigt, führte in die Thematik ein. In ihrem Referat ging sie von der Frage aus, was Wirtschaft ist und zitierte aus Wikipedia:
«Wirtschaft oder Ökonomie ist die Gesamtheit aller Einrichtungen und
Handlungen, die der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dienen.»
Wirtschaften bedeute im Grunde genommen all das, was in Haushalten als Care-Arbeit ununterbrochen getan werde. Die meisten Menschen verstünden jedoch unter Wirtschaft das, was mit Erwerbsarbeit, mit Geld und Finanzen verbunden ist. So zähle im Bruttoinlandprodukt BIP, die entscheidende Messzahl eines Landes nur, was Geld kostet und einbringt.
Und dies, obwohl statistische Ämter rund um die Welt beweisen, dass der grösste Wirtschaftssektor die unbezahlte Arbeit ist. Diese sei zwarunverzichtbar, bleibe jedoch unsichtbar.
Für eine Wirtschaft, die allen dient
Ina
Pretorius forderte deshalb ein Umdenken mit dem Ziel einer
care-zentrierten Wirtschaft, die ein gutes Leben für alle im Einklang
mit der Natur ermöglicht. «Deshalb muss es darum gehen, die überholten
patriarchalen Autoritätsverhältnisse im Bereich der Wirtschaft vom Rand
in die Mitte zu verschieben. Um dies zu erreichen, braucht es
Care-Tätige, die mit Autorität öffentlich sprechen, den Blick aufs Ganze
richten und sich für eine Wirtschaft engagieren, die dem Leben dient.»
Die Klimaseniorinnen hätten gezeigt, was möglich ist, wenn ältere Frauen
Autorität für sich beanspruchen.
Der gratis abrufbare Kurzfilm "Wirtschaft ist Care"
veranschaulichte die Ausführungen. Er zeigt, dass Menschen von der
Geburt bis zum Tod auf die Fürsorge (Care) von anderen Menschen
angewiesen sind und stellt die Frage, warum die Erwerbsarbeit mit Geld
bezahlt wird und die überlebenswichtige Care-Arbeit zum grossen Teil
nichts einbringt.
Was im Leben wirklich zählt und Wohlbefinden
auslöst, zeigte auch die humorvolle Einlage der beiden Clownessen
Rosetta LaMetta und Esmeralda Multicolores.
Einen Prozess in Gang setzen
Die Referentin zeigte auf, in welchen Bereichen im Hinblick auf eine Care-zentrierte Wirtschaft Verschiebungen nötig sind und verwies auf bereits vorhandene Ansätze. In diesem Sinn bezeichnete sie die Tagung als Zwischenstation in einem Prozess. In Gruppen diskutierten die Teilnehmerinnen über konkrete Schritte der Realisierung von Veränderungen. Dazu gehören z.B. die Schaffung einer Bilderwelt, die Care-Arbeit nicht nur weiblich kodiert und Ideen, wie die Thematik in die Bildung einfliessen kann. Um «Nägel mit Köpfen» zu machen, bildeten sich Arbeitsgruppen, die konkrete Vorschläge ausarbeiten werden. Diese sollen an der Herbsttagung der GmR
vom 7. November 2024 in Luzern präsentiert werden.
Zusammen sind wir stark
An den zwei Tagen war eine Aufbruchstimmung spürbar, die die Frauen beflügelte.
Das waren nur einige der begeisterten Stimmen der versammelten Frauen.
In
diesen Chor stimmte auch die Referentin Ina Praetorius ein, die beide
Tage mitgemacht hatte: «Es war für mich unglaublich toll zu erfahren,
wieviel Wissen, Kompetenzen und Erfahrungen sich hier angehäuft haben.
Das ist ein enormes Potenzial. Wenn die beteiligten Frauen ihre
Beziehungen im Einsatz für eine care-zentrierte Ökonomie intelligent und
listig einsetzen, können sie wirklich eine Revolution auslösen.»
Welche
Kraft sich entfaltet, wenn eine Vielfalt von Frauen sich zu einer
Stimme vereinigt, war auch beim gemeinsamen Jodeln im Chor der
Klosterkirche spürbar.
Auf die Bilder unten klicken um durch die Galerie zu schauen
Wir verwenden Cookies und ähnliche Technologien, um das Nutzererlebnis auf unserer Website zu verbessern. Durch die weitere Nutzung dieser Website stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies und ähnlichen Technologien zu. Mehr erfahren